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3.5.3 Überblick zum bestimmten Integral

Die Integration von Funktionen behandelt grundsätzlich Problemstellungen zur Berechnung von Flächeninhalten bzw. Flächenbilanzen. Die verschiedenen Aufgabenstellungen lassen sich grob in folgende Kategorien einteilen:

  • Näherungsweise Integration durch Abschätzen von  Flächeninhalten durch Zerlegung in geeignete Teilflächen.
  • Berechnung des Flächeninhalts eines Flächenstücks zwischen dem Graphen \( \small G_f \) einer Funktion \( \small f \) und der x-Achse.
  • Berechnung des bestimmten Integrals einer Funktion \( \small f \)  mit Interpretation des Wertes als Flächenbilanz.
  • Berechnung einer Fläche, die sich zwischen zwei Funktionsgraphen liegt.

 

Näherungsweise Berechnung eines Integrals

Bereits in der Antike berechneten die Gelehrten krummlinig begrenzte Flächen indem sie diese in eine Folge von Teilflächen zerlegten, deren Flächeninhalt sie berechnen konnten.

  

Dieses Verfahren, die sog. Exhaustionsmethode, wenden wir auch heute noch zur näherungsweisen Berechnung eines bestimmten Integrals \( \int\limits_a^b f(x)dx  \) an. Wir schätzen dazu die Fläche zwischen dem Graphen einer Funktion \( \small f\) und der x-Achse mit geeigneten Teilflächen wie Rechtecke, Dreiecke und Trapeze ab.

Im Folgenden berechnen wir die Fläche A zwischen dem Graphen \( \small G_f\) und den Koordinatenachsen näherungsweise auf zwei verschiedenen Wegen an.

\[ \Rightarrow A \approx \int\limits_0^9 f(x)dx\]

 

Weg 1: Zerlegung der Fläche in Rechtecke

 

 Wir nähern die Fläche unter dem Graphen der Funktion nach dem Muster der Untersumme durch Rechtecksflächen der gleichen Breite \( \small \Delta x = 0,5\) an. Die Höhe des jeweiligen Streifens ermitteln wir aus dem Graphen näherungsweise:

\(\int\limits_0^9 f(x)dx \space\) \( \small  \approx 0,5 \cdot 1,0 + 0,5 \cdot 1,3+0,5 \cdot 1,6 + 0,5 \cdot 2 + ...\)
  \( \small \approx 0,5 \cdot (1,0+1,3+ 1,6+2,0+ 3,3+ 3,9+4,1 + 4,0+ 3,9+3,9+ \)
\( \small \hspace{18mm}  3,9+4,1+4,5+ 4,8+  4,7+ 4,0 + 2,2+  1,1+0,5)= \)

\( \small \approx 29,4 \space FE \)
   

Weg 2: Zerlegung in berechenbare Teilflächen

Wir nähern die Fläche unter dem Graphen der Funktion nach dem Muster der Exhaustionsmethode durch berechenbare Teilflächen (Rechteck, Dreieck, Trapez) an.

\(\int\limits_0^9 f(x)dx \space\) \( \small  \approx A_1 + A_2 + A_3 + A_4 + A_5 \)
  \( \approx \frac{1+2}{2} \cdot 1,5 + \frac{2+4,1}{2} \cdot 1,5 + 4,1 \cdot 2,5 + \frac{4,1+5,0}{2} \cdot 1,5 + \frac{1}{2} \cdot 3,0 \cdot 5,0 = \)

\( \approx 2,25 + 4,8 + 10,25 + 6,8 + 7,5 = \)

\( \small \approx 31,6 \space FE \)
   

 

Flächeninhalt und bestimmtes Integral

Das bestimmte Integral \( \int\limits_a^b f(x)dx \) berechnet die Maßzahl der Flächenstücke zwischen dem Graphen \( \small G_f\) der Funktion \( \small f\) und der x-Achse im Integrationsintervall \([a;b]\) unter Berücksichtigung der Vorzeichen der Flächenstücke:

  • Flächenstücke oberhalb der x-Achse werden positiv gewertet.
  • Flächenstücke unterhalb der x-Achse werden negativ gewertet. 

 

Beispiel:   \( \small f(x)=x^4-3x^3-21x^2+43x+60 \)

Im Integrationsintervall \( \small [-2;4]\) erkennen wir Flächenstücke oberhalb und unterhalb der x-Achse. Das bestimmte Integral  \( \small \int\limits_{-2}^4 f(x)dx\) bestimmt daher eine sogenannte Flächenbilanz.

Rechnerisch erhalten wir eine positive Bilanz

\(\hspace{10mm} \small \int\limits_{-2}^4 f(x)dx = 145,2 \)

Die Flächenstücke über der x-Achse überwiegen deutlich, was wir auch am Graphen festmachen können!

 

Fläche zwischen Graph und x-Achse im Integrationsintervall

  • Jede Funktion \( \small f\) wechselt ihr Vorzeichen nur an ihren Nullstellen.
  •  Das Integrationsintervall muss mit Hilfe der Nullstellen einer Funktion in Teilintervalle zerlegt werden
  • und Flächenstücke unterhalb der x-Achse liegen müssen positiv gewichtet werden, d.h. in Betrag gesetzt werden.

Vorgehen im obigen Beispiel:

\( \hspace{10mm} A= \small \biggl | \int\limits_{-2}^{-1} f(x)dx \biggr |+ \int\limits_{-1}^3 f(x)dx+\biggl | \int\limits_3^4 f(x)dx \biggr |\)

\( \hspace{15mm} = \small \biggl | -36,05 \biggr |+ 204,8 +\biggl | -23,55 \biggr | = 264,4\)

 

Aufgabe:

Berechne für die Funktion \( f(x) =\frac{1}{4}x^3-\frac{1}{2}x^2-2x \)

  • das bestimmte Integral \( \int\limits_{-3}^3 f(x)dx\)
  • und die Fläche zw. \(G_f\) und der x-Achse im Intervall \( \small [-3;3]\).

  

 

Das Bestimmte Integral:  

Integration ohne Berücksichtigung der Nullstellen. D.h. das Ergebnis ist eine Flächenbilanz.

\( \hspace{15mm} \int\limits_{-3}^3 f(x)dx=\biggl [ \frac{1}{16}x^4-\frac{1}{6}x^3-x^2 \biggr ]_{-3}^3 =[\frac{81}{16}-\frac{27}{6}-9]-[\frac{81}{16}+\frac{27}{6}-9]=-9\)

 

Flächenberechnung

Integration mit Berücksichtigung der Nullstellen. D.h. es müssen zuerst die Nullstellen berechnet werden und mit diesen muss das Integrationsintervall in  Teilintervalle zerlegt werden.

1. Nullstellen bestimmen: \( f(x)=\frac{1}{4}x^3-\frac{1}{2}x^2-2x = \frac {1}{4} x \cdot (x^2-2x-8) =0\)

\(\hspace{20mm} \Rightarrow x_1=-2, \space x_2=0, \space x_3=4 \)

 

2. Integration mit  Berücksichtigung der Nullstellen
\( \hspace{15mm}A=\biggl | \space \int\limits_{-3}^{-2} f(x)dx \biggr | +\int\limits_{-2}^{0} f(x)dx  +\biggl | \space \int\limits_{0}^{3} f(x)dx \biggr |=\)

\( \hspace{20mm} \small=\biggl | \biggl [ \frac{1}{16}x^4-\frac{1}{6}x^3-x^2  \biggr ]_{-3}^{-2}\biggr |+ \biggl [ \frac{1}{16}x^4-\frac{1}{6}x^3-x^2  \biggr ]_{-2}^{0}+\biggl | \biggl [ \frac{1}{16}x^4-\frac{1}{6}x^3-x^2  \biggr ]_{0}^{3}\biggr |\)

\( \hspace{20mm} \small=\biggl |[-\frac{5}{3}-\frac{9}{16}] \biggr |+[0+\frac{5}{3}]+[- \biggl | \frac{135}{16}-0) \biggr | \)

\( \hspace{20mm} \small=\biggl |-\frac{107}{48} \biggr |+\frac{5}{3}+ \biggl |-\frac{135}{16} \biggr |=\frac{37}{3}=12\frac{1}{3}\)

 

3. Skizze des Graphen:

 

Flächen zwischen Funktionsgraphen

Bestimme die Fläche zwischen den folgenden Funktionsgraphen der Funktionen f und g:

\(f(x)=x^3-6x^2+8x \)
\(g(x)=-x^2+4x \)

Die Schnittstellen der Funktionen bestimmen die Integrationsintervalle:

Schnittstellen:   \(f(x)=g(x)\)

\(x^3-6x^2+8x=-x^2+4x \)

\(x^3-5x^2+4x=x \cdot (x^2-5x+4) = 0 \)

\(\Rightarrow x_1=0, \space x_2=1, \space x_3=4 \)


Durch eine geschickte Zerlegung des Integratinsintervalls in drei Bereiche, die sich durch die Schnittstellen der Funktionen ergeben, können wir diese Problemstellung mit unseren Mitteln berechnen!

 

Wir berechnen drei Teilflächen:

\(A_1 = \small \int\limits_0^1 f(x)dx -  \int\limits_0^1 g(x)dx = \biggl [ \frac{1}{4}x^4-2x^3+4x^2 \biggr ]_0^1 -  \biggl [ -\frac{1}{3}x^3+2x^2 \biggr ]_0^1 = \frac{9}{4}-\frac{5}{3}=\frac{7}{12}\)

\(A_2 = \small \int\limits_1^2 g(x)dx -  \int\limits_1^2 f(x)dx =  \biggl [ -\frac{1}{3}x^3+2x^2 \biggr ]_1^2- \biggl [ \frac{1}{4}x^4-2x^3+4x^2 \biggr ]_1^2=\frac{11}{3}-\frac{7}{4} = \frac{23}{12} \)

\(A_3 = \small \int\limits_2^4 g(x)dx + \biggl |  \int\limits_2^4 f(x)dx \biggr |=  \biggl [ -\frac{1}{3}x^3+2x^2 \biggr ]_1^2+ \biggl | \biggl [ \frac{1}{4}x^4-2x^3+4x^2 \biggr ]_1^2 \biggr | = \frac{16}{3}+\biggl | -4 \biggr | =\frac{28}{3}\)

 

Wir erhalten als Fläche zwischen den beiden Graphen:

\(A_{ges} = A_1 + A_2 + A_3 = \frac{7}{12}+\frac{23}{12}+\frac{28}{3}=\frac{71}{6}\)